Ruhepunkt

Vorwort

Meine Erfahrung mit Facebook

Waren oder sind Sie auch auf Facebook? Freuen Sie sich über Likes? Kennen Sie den Frust, auf einen Beitrag keine Likes zu bekommen? Wenn ja, dann sind Sie sicher nicht der Erste. Likes bedeuten Anerkennung und Zuspruch. Vermutlich erhält man es nirgendwo so schnell wie auf Facebook oder einem anderen Sozialen Netzwerk.

Aber nicht nur Likes kann man auf Facebook erhalten oder verteilen. Man kann auch in Sekundenschnelle alle möglichen Glücksbotschaften, Weisheiten, politische Aufrufe usw. sehr vielen Menschen mitteilen. Vermutlich in der festen Überzeugung, dadurch die Welt zu verbessern.

Manche Posts von Facebook-Freunden gefallen einem gar nicht, dann schreibt man dazu eine kritische Bemerkung. Aber wieviel Zeit nimmt man sich schon für einen solchen Meinungsbeitrag? Vermutlich nicht mehr als in einer heftigen Diskussion, in der viele Menschen unreflektiert drauflos reden. So etwas gab es schon immer und wird es auch immer geben. Der Unterschied: Eine Diskussion findet zwischen den Menschen statt, die sie führen. Eine Diskussion auf Facebook wird von sehr vielen anderen Personen beobachtet. Die veröffentlichten Posts gehen in Sekundenschnelle um die Welt. Millionen von Menschen schreien täglich alles in die Welt hinaus, was ihnen gerade durch den Kopf geht. Was ihre Worte bewirken, können sie nicht einschätzen. Boris Palmer gestand nach einer Kritik an der DBahn-Werbung ein, dass er "zu wenig nachgedacht, zu schnell gepostet" hat. Aber war er damit alleine oder ist das nicht eher die Regel? Gleiches gilt für peinliche Kommentare, die jeder einmal von sich gibt und dafür im kleinen Kreis mal ausgelacht wird. Auch sie werden massenhaft in sozialen Medien veröffentlicht, wo sie von allen eingesehen und nie vergessen werden.

Ich will mich mit dieser Kritik über niemanden erheben. Ich war selber jahrelang dabei und habe in der Zeit auch alles schnell geteilt, was mir gerade gefiel. Sah ich einen Beitrag, der mir nicht gefiel, gab ich meistens gleich meinen Senf dazu und wartete auf die Antwort. Die kam häufig schnell und wurde genauso schnell wieder beantwortet. Innerhalb von Minuten ergaben sich dabei Diskussionen von verschiedenen Teilnehmern. Was mir häufig erst viel später bewusst wurde war, wie meine Worte interpretiert wurden. Wurde ein Spaß auch wirklich als Spaß und eine Ironie auch wirklich als Ironie verstanden? Und wie schnell wurde es persönlich? Wie schnell hat man den anderen kritisiert und angegriffen, ohne ihn zu sehen und zu wissen, in welcher Gemütslage er sich befand? Es waren schließlich keine Gespräche von Angesicht zu Angesicht, sondern nur von Text zu Text. Fast immer mit Menschen, die den Status Freund hatten.

Ach ja, die Freundschaften auf Facebook: Man bezeichnet Hinz und Kunz als Freunde. Menschen, die man im realen Leben vielleicht ein paar Mal gesehen hat. Manchmal entzieht man dem einen oder anderen diesen Status wieder. Wie wirkt es sich wohl auf einen Menschen aus, wenn er auf einmal nicht mehr zum Freundeskreis zählt? Niemand weiß es, vermutlich von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Manchmal lässt sich erahnen, dass man einen anderen verletzt hat. Und hier ergibt sich ein seltsamer Zusammenhang: Der Status Freundschaft wird in der Regel inflationär verteilt, wodurch er ja eigentlich jeden Wert verloren haben müsste. Dennoch ist es verletzend, den Status zu entziehen oder erst gar nicht zu erteilen. Ganz nebenbei ist Freundschaft in Wirklichkeit keine boolsche Variable, in der es nur wahr oder falsch gibt. Freundschaft wächst und gedeiht, es gibt lockere und enge Freundschaften, es gibt alte Freundschaften und ganz neue. Freundschaften, die schon viele Jahre lang gepflegt werden, sind einem meistens besonders wichtig. Ein Kontakt zwischen einem jungen Teenager und einem Erwachsenen im gestandenen Alter würde man im realen Leben wohl auch nie als Freundschaft bezeichnen. All so ewtas spielt in Sozialen Netzwerken keine Rolle. Es gibt nur befreundet oder nicht befreundet.

Wenn mir nun jemand Vorwürfe macht, ich hätte ihn auf Facebook schlecht behandelt, so weise ich diese Kritik nicht zurück. Ich gehe noch weiter: Mein gesamtes Agieren auf Facebook war ein Fehler. Ich hätte erst gar kein Konto anlegen und mich nicht auf diese verkommende Form der Kommunikation einlassen sollen.

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Was ist der Zweck dieser Seite?

Diese Seite ist also ein Gegenstück zu Facebook. Eine Webseite der alten Schule, wie sie schon Mitte der 90er Jahre hätte existieren können. Eine Seite, deren Texte man lesen und darüber nachdenken kann. Ein Ruhepunkt des Internets. Sehr wahrscheinlich werden im Laufe der Jahre noch weitere Texte hinzukommen. Es werden aber nicht jeden Tag oder jede Woche neue Artikel veröffentlicht. Für das Verfassen der Texte werden keine Fristen gesetzt. Sie entstehen, wenn die Gedanken dazu entstehen und werden in dem Zeitraum verfasst, der dazu benötigt wird. So, wie es die Slowfood-Bewegung gibt, so soll diese Seite eine Motivation dazu sein, sich Zeit für Meinungsbeiträge zu lassen.